Das 2017 erschienene Buch „Essen! Nicht! Vergessen!“ bringt neue wissenschaftliche Erkenntnisse zusammen mit Handlungsanweisungen. Wer einen Alzheimer-Fall in der Familie oder im Bekanntenkreis hat, kennt die Hilflosigkeit. Und hier hilft das Buch weiter, und daher auch meine Leseempfehlung.
Mit schmissigen Titeln wie „Richtig essen, statt vergessen“ ist das Buch trotz wissenschaftlich fundierter Themen und entsprechendem Tiefgang sehr gut lesbar. Hier ist die Autorenkombination des Mediziners Dr. med. Heilmeyer und der Ernährungswissenschaftlerin und Wissenschaftsjournalistin Ulrike Gonder ein sehr gutes Team.
Es wird mit bisherigen Annahmen wie beispielsweise der Beta-Amyloide als Auslöser aufgeräumt. Grund von Morbus Alzheimer kann (muss aber nicht immer, was aber auch im Buch sehr sauber dargestellt wird) eine Energiekrise im Gehirn sein. Diese wird durch Insulin beeinflusst, daher wird hier und in anderen Veröffentlichungen von Diabetes Typ 3 gesprochen. Leidtragend ist dabei das Gehirn, das paradoxerweise nun zu wenig Energie bekommt, obwohl im Blut zu viel Energie in Form von Glukose vorhanden ist. Die Blut-Hirnschranke ist durch Insulinresistenz gestört.
Wenn zu wenig Energie vorhanden ist, kommt es logischerweise zu Problemen – meistens sehr deutlich sichtbar als erstes im Hippocampus, der für das Erinnern und Lernen zuständig ist. Sehr schön im Buch umgesetzt sind Erklärungen zu wissenschaftlichen Begriffen. Sofort nach der Einführung eines Wortes, z.B. Hippocampus folgt in Klammern eine verständliche Übersetzung – hier dann Hippocampus (dt. Seepferdchen, weil er in der Form einem Seepferdchen ähnelt).
Die gute Nachricht ist, dass es eine andere Möglichkeit der Energieversorgung gibt, und dass am Anfang die Zellen der betroffenen Hirnregionen noch nicht untergegangen sind, sondern wieder aktiviert werden können. Die andere Art der Energieversorgung läuft über Ketone. Im Buch wird auf die verschiedenen Möglichkeiten eingegangen und positive Beispiele werden genannt, wie Dr. Marie Newport, die ihren von Alzheimer betroffenen Mann mit Kokosöl mit sichtbarem Erfolg behandelt hat.
Das Buch glänzt durch viel Information auf 174 Seiten. Es wird auch kein Platz für irgendwelche Kochrezepte verschwendet, wie es in anderen Büchern so langsam überhandgenommen hat. Natürlich ist ketone Ernährung nicht der einzige Ansatzpunkt. Es werden verschiedene Möglichkeiten aufgeführt, wie z.B. Lithium-haltiges Mineralwasser (mit entsprechenden Hinweisen zu Wechselwirkungen, wenn Medikamente genommen werden).
Eine Kleinigkeit zur Verbesserung für den Verlag gäbe es aus meiner Sicht. Das Coverfoto wirkt auf mich albern und passt nicht zur Tragweite und zum wissenschaftlich fundierten Inhalt. Also bitte nicht vom Cover abschrecken lassen.
Fazit: Man lernt Zusammenhänge und bekommt einen tieferen Einblick. Das Ganze in einer positiven Weise. Und man bekommt Optionen und Möglichkeiten aufgezeigt, um Betroffenen vielleicht helfen zu können. Danke für solche Bücher, die ich wärmstens empfehlen kann.
1. Ausgabe: Taschenbuch – 6. Juni 2017